Rechtsprechung
BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80 |
RAF-Anschlag in Heidelberg II
Vorangegangene Bestrafung wegen RAF-Mitgliedschaft, § 129 StGB, Art. 103 Abs. 3 GG, ne bis in idem, prozessualer Tatbegriff, § 264 StPO, §§ 52, 53 StGB
Volltextveröffentlichungen (5)
- DFR
Kriminelle Vereinigung
- openjur.de
- Juristenzeitung(kostenpflichtig)
Zum Begriff derselben Tat i. S. v. Art. 103 GG
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
Tatbegriff i.S. von Art. 103 Abs. 3 GG
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Kurzfassungen/Presse
- Wolters Kluwer (Leitsatz)
Prozessualer Tatbegriff - Endzweck - Täter - Straftaten - Tatidentität - Doppelbestrafungsverbot
Besprechungen u.ä.
- HRR Strafrecht (Aufsatz mit Bezug zur Entscheidung)
Das Verbot paralleler strafrechtlicher Ermittlungsverfahren bzw. die (zeitlich begrenzte) Sperrwirkung der Einleitungsentscheidung
Verfahrensgang
- AG Heidelberg, 14.03.1977 - 7 Gs 105/77
- LG Heidelberg, 12.04.1977 - 1 Qs 29/77
- OLG Karlsruhe, 24.06.1977 - 3 Ws 99/77
- BVerfG, 07.09.1977 - 2 BvR 674/77
- LG Heidelberg, 23.02.1978 - 4 Ks 1/77
- BVerfG, 07.04.1978 - 2 BvR 202/78
- LG Heidelberg, 31.05.1979 - 4 Ks 1/77
- BGH, 11.06.1980 - 3 StR 9/80
- BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Papierfundstellen
- BVerfGE 56, 22
- NJW 1981, 1433
- MDR 1981, 554
- NStZ 1981, 230 (Ls.)
- StV 1981, 323
- JR 1982, 108
Wird zitiert von ... (55) Neu Zitiert selbst (17)
- BVerfG, 07.09.1977 - 2 BvR 674/77
RAF
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Zur Unterstützung seiner Rechtsauffassung beruft sich der Beschwerdeführer auf den Nichtannahmebeschluß eines Vorprüfungsausschusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 1977 -- 2 BvR 674/77 -- (BVerfGE 45, 434).In den Gründen dieses Beschlusses, der die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen Haftentscheidungen in dem jetzt durch Urteil abgeschlossenen Strafverfahren zum Gegenstand hatte, wird unter anderem zu dem Verhältnis materiellrechtlicher Tateinheit zu prozessualer Tatidentität dahingehend Stellung genommen, daß eine einheitliche Tat stets auch eine einheitliche prozessuale Tat darstelle (BVerfGE 45, 434 [435]).
Sie haben von einer Äußerung unter Hinweis auf die in dem früheren Verfahren 2 BvR 674/77 abgegebenen Stellungnahmen abgesehen, die den folgenden Inhalt hatten:.
- RG, 15.12.1921 - 1241/21
Ist nach rechtskräftiger Freisprechung von der Anklage hehlerischen Ankaufs eine …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Dieser Begriff stellt auf einen nach natürlicher Auffassung zu beurteilenden einheitlichen Lebensvorgang ab (vgl. RGSt 56, 324 [325]; 61, 236 [237], 62, 130f; 65, 106 [109 f.]; 72, 339 [340]).Schon das Reichsgericht hatte den prozessualen Tatbegriff aus diesen Erwägungen heraus als einen eigenständigen entwickelt und vom Handlungsbegriff des materiellen Strafrechts abgelöst (RGSt 56, 324 [325]; 62, 130 [131]; 72, 339 [340]).
Zwar hat das Reichsgericht betont, das Strafurteil verbrauche die Strafklage, soweit die unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu bestimmende Kognitionspflicht reiche (RGSt 24, 419; 49, 272 [274]; 51, 241f; 56, 324 [325]; 66, 19 [20 f.]).
- BGH, 05.11.1969 - 4 StR 519/68
zwei Unfälle - §§ 315c, 142 StGB; § 264 StPO, Strafklageverbrauch; § 52 StGB, …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Darauf weist bereits der Umstand hin, daß eine Tat im Sinne des Prozeßrechts vorliegen kann, obwohl die durch den Vorgang verwirklichten Tatbestände zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen (BGHSt 23, 141 [145]; BGH, NJW 1953, S 1522).Er hat in Fällen der sogenannten Klammerwirkung des milderen Delikts selbständige Taten im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG angenommen (BGHSt 23, 141 [149 f.]) und auch Teile einer fortgesetzten Handlung noch für verfolgbar gehalten, wenn wegen eines Einzelakts bereits eine Verurteilung erfolgt war (BGH, GA 1958, S 366 [367]; NJW 1963, S 549 [550]; GA 1970, S 84 [85]; vgl. bereits RG, JW 1928, S 2247), ohne daß damit offenbar eine Lockerung der umfassenden Kognitionspflicht hat verbunden sein sollen.
- RG, 22.09.1938 - 2 D 467/38
1. Zum Begriffe der "Tat" i. S. des § 264 Abs. 1 StPO. 2. Ist eine wahlweise …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Dieser Begriff stellt auf einen nach natürlicher Auffassung zu beurteilenden einheitlichen Lebensvorgang ab (vgl. RGSt 56, 324 [325]; 61, 236 [237], 62, 130f; 65, 106 [109 f.]; 72, 339 [340]).Schon das Reichsgericht hatte den prozessualen Tatbegriff aus diesen Erwägungen heraus als einen eigenständigen entwickelt und vom Handlungsbegriff des materiellen Strafrechts abgelöst (RGSt 56, 324 [325]; 62, 130 [131]; 72, 339 [340]).
- RG, 24.11.1931 - I 219/31
Wie ist zu verfahren, wenn gegen eine Person wegen mehrerer Vergehen der …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Zwar hat das Reichsgericht betont, das Strafurteil verbrauche die Strafklage, soweit die unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu bestimmende Kognitionspflicht reiche (RGSt 24, 419; 49, 272 [274]; 51, 241f; 56, 324 [325]; 66, 19 [20 f.]).Obgleich nämlich die Gerichte für verpflichtet angesehen wurden, die Untersuchung auf alle Einzelakte einer fortgesetzten Handlung zu erstrecken, sollte einem Freispruch von der Anklage der fortgesetzten Handlung nur die Wirkung zukommen, die Strafklage hinsichtlich der gewürdigten, nicht aber im Hinblick auf die unbekannt gebliebenen Einzelhandlungen zu verbrauchen (vgl. RGSt 24, 419f; 66, 19 [26]; RG, JW 1925, S 1010).
- RG, 24.11.1893 - 3181/93
Inwieweit steht ein den Angeklagten wegen gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Zwar hat das Reichsgericht betont, das Strafurteil verbrauche die Strafklage, soweit die unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu bestimmende Kognitionspflicht reiche (RGSt 24, 419; 49, 272 [274]; 51, 241f; 56, 324 [325]; 66, 19 [20 f.]).Obgleich nämlich die Gerichte für verpflichtet angesehen wurden, die Untersuchung auf alle Einzelakte einer fortgesetzten Handlung zu erstrecken, sollte einem Freispruch von der Anklage der fortgesetzten Handlung nur die Wirkung zukommen, die Strafklage hinsichtlich der gewürdigten, nicht aber im Hinblick auf die unbekannt gebliebenen Einzelhandlungen zu verbrauchen (vgl. RGSt 24, 419f; 66, 19 [26]; RG, JW 1925, S 1010).
- BVerfG, 07.03.1968 - 2 BvR 354/66
Dienstflucht
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
"Tat" in diesem Sinne ist der geschichtliche -- und damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte -- Vorgang, auf welchen Anklage und Eröffnungsbeschluß hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (BVerfGE 23, 191 [202]). - BGH, 13.12.1960 - 5 StR 478/60
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wiederholt hervorgehobene Grundsatz, daß eine materiellrechtliche Tat Tatidentität im Sinne von Art. 103 Abs. 3 GG verbürge (BGHSt 6, 92 [97]; 15, 268 [272]; BGH, NJW 1953, S 553f; VRS 21, 341 [343 f.];… GA 1970, 84 [85]), kann nach alledem keine ausnahmslose Geltung beanspruchen. - RG, 02.06.1927 - III 238/27
1. Ist Beihilfe des begünstigten Gläubigers zu dem Vergehen des Schuldners gegen …
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Es hat ausgesprochen, der verfahrensrechtliche Tatbegriff habe mit dem sachlichrechtlichen Handlungsbegriff nichts gemein (RGSt 61, 314 [317]; 62, 112). - BGH, 21.07.1961 - 4 StR 236/61
Rechtsmittel
Auszug aus BVerfG, 08.01.1981 - 2 BvR 873/80
Der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wiederholt hervorgehobene Grundsatz, daß eine materiellrechtliche Tat Tatidentität im Sinne von Art. 103 Abs. 3 GG verbürge (BGHSt 6, 92 [97]; 15, 268 [272]; BGH, NJW 1953, S 553f; VRS 21, 341 [343 f.];… GA 1970, 84 [85]), kann nach alledem keine ausnahmslose Geltung beanspruchen. - RG, 17.09.1915 - IV 348/15
1. Kann einheitliches Zusammentreffen von Jagdvergehen und verbotenem …
- BGH, 05.11.1953 - 3 StR 545/52
- RG, 30.01.1931 - I 1387/30
1. Kann jemand dadurch am Vermögen beschädigt werden, daß er bestimmt wird, …
- RG, 28.09.1917 - IV 391/17
Umfang der Rechtskraft einer Verurteilung wegen unerlaubten Lebensmittelhandels, …
- RG, 17.03.1927 - III 2/27
Was ist Gegenstand der Urteilsfindung, wenn für die nämliche Ware mehrere …
- RG, 29.03.1928 - III 145/28
Hindert, wenn der Angeklagte nach Voruntersuchung wegen Anstiftung zu …
- RG, 19.12.1927 - II 976/27
1. Zum Begriff der "Tat" (§ 264 StPO.). Umfang der Prüfungspflicht des …
- BVerfG, 31.10.2023 - 2 BvR 900/22
Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungunsten des Freigesprochenen - Gesetzliche …
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 56, 22 gebe nichts dafür her, dass der Gesetzgeber nach Belieben neue Wiederaufnahmegründe ergänzen dürfe.Dies werde auch nicht durch die Entscheidung BVerfGE 56, 22 infrage gestellt.
aa) Der Grundsatz, dass niemand wegen derselben Tat mehrmals bestraft werden darf (ne bis in idem), beschreibt das Prinzip des Strafklageverbrauchs, das Strafgerichte und Strafverfolgungsorgane als Verfahrenshindernis von Amts wegen in jedem Stadium des Strafverfahrens zu beachten haben (vgl. BVerfGE 56, 22 ; 162, 358 ).
Soweit dieser Grundsatz eine erneute Strafverfolgung aufgrund der allgemeinen Strafgesetze betrifft, ist er durch Art. 103 Abs. 3 GG zum verfassungsrechtlichen Verbot erhoben worden (vgl. BVerfGE 3, 248 ; 12, 62 ; 23, 191 ; 56, 22 ).
Er gewährt dem Einzelnen Schutz, den dieser als individuelle Rechtsposition geltend machen kann (vgl. BVerfGE 56, 22 ; 162, 358 ; BVerfGK 13, 7 ; vgl. auch bereits BVerfGE 3, 248 ).
Die Aufnahme des Grundsatzes ne bis in idem in das Grundgesetz sollte der uferlosen Durchbrechung des Prinzips der Rechtskraft entgegenwirken, die in der nationalsozialistischen Zeit Platz gegriffen hatte (vgl. Entwurf eines Grundgesetzes des Verfassungskonvents der Ministerpräsidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948 - Darstellender Teil, S. 56;… Wortprotokoll der 8. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege vom 7. Dezember 1948, abgedruckt in: Büttner/Wettengel, Der Parlamentarische Rat, Bd. 13/2, 2002, S. 1449 ; BVerfGE 56, 22 ; BGHSt 5, 323 ).
Dem Verfassungsgeber stand vielmehr der Grundsatz ne bis in idem in seiner breiten, maßgeblich durch das Reichsgericht geprägten Gestalt vor Augen (vgl. BVerfGE 3, 248 ; 9, 89 ; 12, 62 ; 56, 22 ).
Der Grundsatz ne bis in idem sollte insoweit durch die Aufnahme in Art. 103 Abs. 3 GG inhaltlich nicht verändert werden (vgl. BVerfGE 3, 248 ; 9, 89 ; 12, 62 ; 23, 191 ; 56, 22 ).
Zweck des grundrechtsgleichen Schutzes ist die Zusicherung, dass jeder wegen derselben Tat diesen Belastungen nur einmal ausgesetzt sein soll (vgl. BVerfGE 56, 22 ; BVerfGK 4, 49 ).
Der Einzelne soll darauf vertrauen können, wegen eines konkreten individualisierten Sachverhalts nicht erneut vom Staat belangt und mit den Belastungen eines Strafverfahrens überzogen zu werden (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Strafprozessrechtlich stellt Art. 103 Abs. 3 GG deshalb ein Verfahrenshindernis dar, das als solches bereits der erneuten Einleitung eines Strafverfahrens entgegensteht (vgl. BVerfGE 56, 22 ; 162, 358 ; BVerfGK 13, 7 ).
Der Parlamentarische Rat hatte bei der Entscheidung für Art. 103 Abs. 3 GG nicht nur die Urteile und Verfolgungsmaßnahmen der nationalsozialistischen Willkürherrschaft im Blick, sondern auch die ausdrücklich geschaffenen Rechtsbehelfe zur Durchbrechung der Rechtskraft von Strafurteilen (vgl. Entwurf eines Grundgesetzes des Verfassungskonvents der Ministerpräsidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948 - Darstellender Teil, S. 56;… Wortprotokoll der 8. Sitzung des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege vom 7. Dezember 1948, abgedruckt in: Büttner/Wettengel, Der Parlamentarische Rat, Bd. 13/2, 2002, S. 1449 ; BVerfGE 56, 22 ).
Der Zweck des Art. 103 Abs. 3 GG als Individualrecht besteht zunächst darin, den staatlichen Strafanspruch um der Rechtssicherheit des Einzelnen willen zu begrenzen (vgl. BVerfGE 56, 22 ; vgl. auch bereits BVerfGE 3, 248 ).
Der Einzelne soll darauf vertrauen dürfen, dass er nach einem Urteil wegen des abgeurteilten Sachverhalts nicht nochmals belangt werden kann (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Art. 103 Abs. 3 GG beschränkt damit die Durchsetzung des Legalitätsprinzips (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Daneben dient die Rechtskraft einer Entscheidung auch dem Rechtsfrieden (vgl. BVerfGE 2, 380 ; 56, 22 ; 115, 51 ).
Das Bundesverfassungsgericht hat sie zum Anlass für korrespondierende "Grenzkorrekturen" des Schutzgehalts des Art. 103 Abs. 3 GG genommen (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Diese Grenzkorrekturen nimmt es selbst vor, so dass angegriffene Entscheidungen verfassungsrechtlich vollständig an Art. 103 Abs. 3 GG zu überprüfen sind (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Dem Einwand, dass damit eine "Versteinerung" des Gewährleistungsgehalts des Art. 103 Abs. 3 GG drohe (…vgl. Zehetgruber, JR 2020, S. 157 ), begegnet der Zweite Senat durch ein enges Verständnis des Schutzgehalts des Art. 103 Abs. 3 GG, das lediglich Grenzkorrekturen im Randbereich erlaubt (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
(3) Art. 103 Abs. 3 GG verbietet die erneute Strafverfolgung nur, wenn ein Strafurteil dieselbe Tat, also den geschichtlichen - und damit zeitlich und hinsichtlich des Sachverhalts begrenzten - Vorgang zum Gegenstand hat, welchen Anklage und Eröffnungsbeschluss umreißen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (vgl. BVerfGE 23, 191 ; 45, 434 ; 56, 22 ; BVerfGK 5, 7 ; 7, 417 ;… BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2014 - 2 BvR 920/14 -, Rn. 26).
Die Rechtssicherheit, die durch das justizförmig zustande gekommene Urteil geschaffen wurde, erstreckt sich darauf, dass sie nicht durch das Auftauchen neuer Tatsachen oder Beweismittel infrage gestellt wird (vgl. auch BVerfGE 56, 22 ; 65, 377 ).
Der Rechtsstaat nimmt die Möglichkeit einer im Einzelfall vielleicht unrichtigen Entscheidung vielmehr um der Rechtssicherheit willen in Kauf (vgl. BVerfGE 2, 380 ), namentlich auch dann, wenn diese Unrichtigkeit auf nachträglich hervortretenden Umständen beruht (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Das Vorliegen einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidung stellt ein unmittelbar aus dem Grundgesetz folgendes strafprozessuales Verfahrenshindernis dar (vgl. BVerfGE 56, 22 ; 162, 358 ;… vgl. Rn. 71).
Ausgangspunkt hierfür ist das vorgefundene Gesamtbild des Strafprozessrechts (vgl. BVerfGE 3, 248 ; 9, 89 ; 12, 62 ; 65, 377 ); die Berücksichtigung strafrechtsdogmatischer Weiterentwicklungen wird hierbei nicht ausgeschlossen und waren Anlass für eine "Grenzkorrektur" des Schutzgehalts des Art. 103 Abs. 3 GG in Bezug auf den Tatbegriff des Art. 103 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
Eine solche Lösung wäre konsequent, stünde allerdings im Widerspruch zum Willen des Verfassungsgebers (…vgl. Rn. 8 f. der abweichenden Meinung m.w.N.), zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 3, 248 ; 12, 62 ; 56, 22 ; 65, 377 ) und zur Auffassung der Senatsmehrheit (…vgl. Rn. 117 ff.).
Art. 103 Abs. 3 GG beschränkt damit die Durchsetzung des Legalitätsprinzips (vgl. BVerfGE 56, 22 ).
- OLG Celle, 20.04.2022 - 2 Ws 62/22
Fall Möhlmann: Neuer Wiederaufnahmegrund in § 362 Nr. 5 StPO ist verfassungsmäßig
Er garantiere nur den Kern dessen, was vorkonstitutionell als Inhalt des ne bis in indem-Grundsatzes in der Rechtsprechung herausgearbeitet worden sei (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.01.1981, 2 BvR 873/80 BVerfGE 56, 22).Der Gesetzgeber hat hiervon auf der Grundlage seiner vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zuerkannten Ermächtigung zur Korrektur des Schutzgehalts von Art. 103 Abs. 3 GG in Grenzbereichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.01.1981, 2 BvR 873/80 BVerfGE 56, 22) mit der Neuregelung in § 362 Nr. 5 StPO zur Überzeugung des Senats in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht.
- BVerfG, 14.07.2022 - 2 BvR 900/22
Eilantrag wegen Wiederaufnahme eines Strafverfahrens teilweise erfolgreich - …
aa) Art. 103 Abs. 3 GG garantiert als Prozessgrundrecht (vgl. BVerfGE 56, 22 ;… Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 3 Rn. 14;… Nolte/Aust, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 7. Aufl. 2018, Art. 103 Rn. 183) dem verurteilten Straftäter Schutz nicht nur gegen erneute Bestrafung, sondern bereits gegen erneute Verfolgung wegen derselben Tat (vgl. BVerfGE 12, 62 ; 23, 191 ).
- BVerfG, 15.10.2014 - 2 BvR 920/14
Strafnorm des hessischen Schulrechts gegen Entziehung eines Kindes von der …
aa) "Tat" im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG ist der geschichtliche - und damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte - Vorgang, auf welchen Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (vgl. BVerfGE 23, 191 ; 45, 434 ; 56, 22 ). - BGH, 17.06.2004 - 3 StR 344/03
Mittäterschaft (Tatbeiträge jedes Mittäters: Tateinheit, Tatmehrheit); Betrug; …
Dieser erschöpft sich in Fragen der Strafenbildung (vgl. BVerfGE 56, 22, 30 f.; BGHSt 43, 252, 256) und ist daher nur für die Rechtsfolgenseite relevant. - BGH, 18.03.2024 - 5 StR 12/23
Verfolgungsverjährung - und das Wiederaufnahmeverfahren
(2) Ein weiteres wesentliches Element des Rechtsstaatsprinzips ist andererseits das Gebot der Rechtssicherheit, in dem wiederum das Institut der Rechtskraft gründet (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Juli 1953 - 1 BvL 23/51, BVerfGE 2, 380, 403 ff.; BVerfG, Beschlüsse vom 8. Mai 1973 - 2 BvL 5, 6, 7 und 13/72, BVerfGE 35, 41, 47; vom 8. Januar 1981 - 2 BvR 873/80, BVerfGE 56, 22, 31; Beschluss vom 20. April 1982 - 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 267; BGH, Urteil vom 24. September 1974 - 1 StR 365/74, BGHSt 26, 1, 2;… Beschluss vom 15. April 2008 - 5 StR 635/07 Rn. 12, BGHSt 52, 213;… grundlegend ferner Greco, Strafprozesstheorie und materielle Rechtskraft, 2015, S. 328 ff., 371 ff.;… LR/Kühne/Gössel/Lüderssen, StPO, 27. Aufl., Einleitung Rn. 79 ff. jeweils mwN;… Radtke, Zur Systematik des Strafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen im Strafprozeß, 1994, S. 36 ff.).Der Verfassungsgeber hat das Verfahrenshindernis der Rechtskraft angesichts der historischen Erfahrungen in den Rang eines Prozessgrundrechts erhoben (BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1981 - 2 BvR 873/80, BVerfGE 56, 22, 31 f.).
- BGH, 27.11.2018 - 5 StR 234/18
Selbstgeldwäsche durch den Vortäter (Einzahlung auf ein vom Täter geführtes …
Der Begriff der Tat im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG ist in seinem verfassungsrechtlichen Gehalt zu bestimmen als der geschichtliche - und damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte - Vorgang, auf den Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (BVerfGE 23, 191, 202; 56, 22, 28). - LG Trier, 13.12.2021 - 2a KLs 5 Js 30/15
Haftstrafen im Cyberbunker-Prozess
Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter an den einzelnen Straftaten mitwirkt (vgl. BVerfGE 56, 22, 33 = NJW 1981, 1433, 1435;… Schäfer/Anstötz, a.a.O., § 129 Rn. 86). - BVerfG, 31.05.2006 - 2 BvR 1693/04
Strafrechtliche Verfolgbarkeit von Verstößen gegen die Schulpflicht aus …
Der Verfassungsbeschwerde kommt weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht schon entschieden sind (vgl. BVerfGE 23, 191 ; 45, 434 ; 56, 22 ), noch ist ihre Annahme zur Entscheidung zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG); sie hat keine Aussicht auf Erfolg. - BGH, 16.03.1989 - 4 StR 60/89
Strafklageverbrauch bei Dauerstraftat
Da die schwere räuberische Erpressung mit höherer Strafe bedroht ist als das Vergehen gegen das Waffengesetz, könnten für diese Ansicht bereits Erwägungen sprechen, die der Entscheidung BGHSt 29, 288 (dazu BVerfGE 56, 22) zugrundeliegen. - BGH, 09.07.2015 - 3 StR 537/14
Konkurrenzen bei Organisationsdelikten (kriminelle/terroristische Vereinigung; …
- BVerfG, 28.08.2003 - 2 BvR 1012/01
Prozessualer Tatbegriff und Verfassungsrecht; Weitergabe von Telefonmitschnitten …
- OLG Hamm, 22.12.2008 - 2 Ws 354/08
Betrug; Beihilfe; Überlassen; Ebay-Acconut; Strafklageverbrauch
- BGH, 20.12.2002 - StB 15/02
BGH erklärt Wiederaufnahme eines Verfahrens wegen Völkermordes teilweise für …
- BVerfG, 10.05.1999 - 2 BvR 2259/97
Zur Frage derselben Tat iSv GG Art 103 Abs 3 sowie einer tatbestandlichen …
- BVerfG, 22.10.2003 - 2 BvR 1784/03
Zum Begriff derselben Tat in Art 103 Abs 3 GG
- BGH, 23.12.2009 - 1 BJs 26/77
Verena Becker der Beihilfe zum Mord an Generalbundesanwalt Buback und seinen …
- BVerfG, 04.12.2007 - 2 BvR 38/06
Verbot der Doppelbestrafung (ne bis in idem; Deutschland - Schweiz; fahrlässige …
- BVerfG, 16.03.2006 - 2 BvR 111/06
Keine Verletzung des Doppelbestrafungsverbots durch Verurteilung wegen Führens …
- BVerfG, 11.01.2005 - 2 BvR 2125/04
Verfassungsmäßigkeit des Tatbegriffs im Strafverfahren
- BGH, 01.10.1997 - 2 StR 520/96
Strafklageverbrauch (prozessualer Tatbegriff; einheitliche Handlung im Sinne …
- OLG Düsseldorf, 10.10.2018 - 6 StS 5/18
Neue Anklage gegen Nils D. wegen Mordes in drei Fällen und der Begehung von …
- BVerfG, 30.09.2005 - 2 BvR 1656/03
Anwendung des Straftatbestandes der Störung öffentlicher Betriebe auf eine …
- VerfG Schleswig-Holstein, 26.04.2023 - LVerfG 4/22
Vorlage des Oberverwaltungsgerichts zur Nichtanwendbarkeit des …
- BGH, 30.03.2001 - 3 StR 342/00
Verurteilung eines Funktionärs der türkischen terroristischen Organisation DHKP-C …
- BGH, 18.10.1995 - 3 StR 324/94
Verfolgbarkeit von Mitarbeitern des MfS der DDR nach der Wiedervereinigung für …
- OLG Celle, 14.06.2010 - 8 U 21/09
Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts; Pflicht des Zeugen zum Erscheinen bei …
- BVerfG, 07.12.1983 - 2 BvR 282/80
Strafbefehl
- BVerfG, 30.06.2005 - 2 BvR 1772/02
Allgemeine Handlungsfreiheit (Einfuhr von Cannabis zur Selbsttherapie; keine …
- VerfG Brandenburg, 22.05.2015 - VfGBbg 32/14
Eine auch auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gestützte Verfassungsbeschwerde …
- BGH, 09.11.1993 - 5 StR 539/93
Anforderungen an die Entscheidungsgründe eines Urteils bei Freispruch aus …
- BGH, 17.04.1984 - 1 StR 116/84
Anwendung des Grundsatzes "ne bis in idem" - Misshandlung eines Schutzbefohlenen …
- BGH, 07.05.1997 - 1 ARs 8/97
Prozessuales Vorliegen nur einer Tat bei materiellrechtlicher Verbundenheit eines …
- OLG Nürnberg, 19.03.2014 - 2 Ws 98/14
Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen einer Entscheidung über die Fortdauer von …
- BGH, 14.08.1991 - StB 15/91
Nur ein Haftbefehl gegen einen Beschuldigten bei einer Tat im prozessualen Sinne
- BVerfG, 16.03.2001 - 2 BvR 65/01
Zur Verurteilung wegen Unfallflucht - Tatbegriff der StPO
- BGH, 17.03.1992 - 1 StR 5/92
Prozessuale Tat bei Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen
- BGH, 23.08.1988 - 1 StR 136/88
Strafklageverbrauch bei gleichzeitiger Einfuhr von Waffen und Betäubungsmitteln - …
- VerfGH Sachsen, 06.11.1998 - 16-IX-98
- VerfGH Sachsen, 27.06.2019 - 60-IV-19
Möglichkeit einer Verletzung eigener Grundrechte aus der Verfassung des …
- OLG Stuttgart, 07.06.2001 - 5 Ws 4/01
Umfang der Rechtskraft einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen eine …
- OLG Brandenburg, 15.12.2014 - 1 Ws 149/14
Zulassung der Zwangsvollstreckung im gem. § 111g Abs. 2 StPO arrestiertes …
- BVerfG, 11.10.2001 - 2 BvR 1514/01
Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde
- OLG Hamm, 09.09.1985 - 1 Ws 83/85
- VGH Bayern, 17.02.2017 - 13a ZB 15.301
Rückforderung von landwirtschaftlichen Subventionen
- LG Bochum, 30.01.1985 - 7 Ks 45 Js 12/69
Erschiessung von durch den Eisenbahntransport geschwächten Juden bei ihrem …
- BGH, 15.05.1997 - 5 ARs 18/97
Vorliegen eines Strafklageverbrauchs - Voraussetzungen für das Vorliegen einer …
- BayObLG, 22.03.1991 - RReg. 1 St 240/90
Strafprozeßrecht: Strafklageverbrauch
- BVerwG, 09.08.1983 - 1 C 8.82
Verpflichtung zur Herausgabe von Unterlagen - Verbot des Zwanges zur …
- VerfGH Sachsen, 06.11.1998 - 18-IX-98
- VerfGH Sachsen, 06.11.1998 - 17-IX-98
- BGH, 15.11.1989 - 3 StR 171/89
Mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (Rote Armee …
- OLG Braunschweig, 21.10.1996 - Ss 48/96
- LG Dessau-Roßlau, 13.11.2015 - 4 O 651/14
Zeugnisverweigerungsrecht wegen Gefahr der Strafverfolgung: Strafklageverbrauch …
- OLG Hamm, 11.03.1998 - 3 Ss OWi 898/97
Angriff gegen tatrichterliche Feststellung, Baumsatzung Bielefeld, Tat, …